Auenhof: Vom Rand zurück ins Zentrum
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2022
Zürichsee
Feldbach ZH
Begleitung bei der ökonomischen Übersetzung des Permakultur-Konzepts von Marcus Pan, inklusive Ausarbeitung des Finanzierungsplans und der Darlehensverträge für den Hofkauf sowie Bau- und Sanierungsplanung zur baubiologischen Sicherung der Gebäude
Kai Isemann
Marcus Pan

Auenhof: Vom Rand zurück ins Zentrum
Auf einer sonnigen Geländeterrasse oberhalb des Zürichsees, im Gebiet Gamsten bei Feldbach, liegt der Auenhof – ein kleiner Hof mit grosser Wirkung. Die Geschichte dieses Ortes reicht bis ins Jahr 1850 zurück. In den Jahrzehnten vor der Übernahme durch Marcus Pan lag das Land brach, das Wohnhaus wurde abparzelliert, die landwirtschaftliche Nutzung war formell aufgegeben.
Was vielerorts als Anfang vom Ende gilt – der schleichende Übergang ehemals landwirtschaftlich genutzter Hofstellen in exklusive Wohnsitze mit landwirtschaftlicher Alibi-Nutzung – wurde hier zur Keimzelle eines neuen Anfangs. Wo andere Ersatzneubauten mit ländlichem Charme planen, entstand auf dem Auenhof ein echter Betrieb mit Bodenbindung und Bildungsauftrag.
2018 trat Marcus Pan auf den Plan: Permakultur-Designer, Gründer der down to earth Akademie für Permakultur-Gestaltung, bekannt unter anderem für seine Aufbauarbeit auf der Schweibenalp, wo er einst die höchstgelegene biozertifizierte Gärtnerei der Schweiz mitgestaltete.
Ohne landwirtschaftliche Ausbildung, aber mit jahrelanger Praxis und tiefem Bodenwissen, nahm er sich des verwaisten Hofes an. Binnen vier Jahren gelang, was kaum einer für möglich hielt: Der Auenhof wurde als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des BGBB wieder anerkannt. Und Marcus – inzwischen offiziell Landwirt – bewirtschaftet seither mit seinem Team und Lernenden rund drei Hektaren in permakultureller Vielfalt.





Vielfalt statt Fläche: Ein Hof trotzt der Logik der Grössenordnung
In der Schweizer Agrarpolitik kursiert seit Jahren eine Zahl: Unter zehn Hektaren sei ein Hof wirtschaftlich nicht überlebensfähig. Politik und «Fachleute» betonen diesen Schwellenwert regelmässig – mit gravierenden Folgen: Kleine Betriebe geben auf, Gebäude werden aus dem Landwirtschaftsgesetz (BGBB) entlassen und in den freien Markt überführt. Gemeinden und Kantone profitieren von Steuereinnahmen, Verkäufer von der Vervielfachung des Bodenpreises – doch der Boden selbst verliert. Was folgt, ist meist ein funktionaler Stillstand: Die Flächen werden verpachtet, häufig an konventionelle Grossbetriebe. Der Boden wird zur Ware – ohne Stimme, ohne Schutz.
Dem stellte sich der Auenhof entschieden entgegen. Möglich machte das auch ein unscheinbarer bürokratischer Hebel: der Flächencode 725, 2020 eingeführt vom Bundesamt für Landwirtschaft. Er erlaubt, artenreiche Permakulturflächen mit mehr als 50 % Spezialkulturen als eigene Kategorie auszuweisen – und macht sie anrechenbar auf die betriebliche Standardarbeitskraft. Damit kann ein Hof wie der Auenhof – obwohl nur drei Hektaren gross – mit 1.0 SAK geführt und wirtschaftlich ernst genommen werden. Diese Regelung öffnet kleinstrukturierten Betrieben neue Türen. Und sie zeigt, wie durch gute Gestaltung – statt durch mehr Fläche – wieder Zukunft entstehen kann.
Permakultur in Aktion
Der Auenhof zeigt, was möglich wird, wenn man Landwirtschaft nicht nach Hektaren oder Deckungsbeiträgen denkt, sondern nach Verantwortung. Der Aufbau des Betriebs geschah entgegen der gängigen Systemlogik: ohne landwirtschaftliche Ausbildung, ohne klassische Bankfinanzierung, ohne die üblichen Skaleneffekte. Stattdessen: eine klare Vision, solidarisches Kapital und Menschen, die bereit waren, Verantwortung zu übernehmen – nicht für Rendite, sondern für Boden, Biodiversität und kommende Generationen.
Jedes Element auf dem Hof erfüllt mehrere Funktionen, jedes System ist auf Regeneration ausgelegt. Die Fläche lebt – und trägt. Nicht aus eigener Kraft, aber aus einem intelligenten Zusammenspiel von Gestaltung, Bildung und Direktvermarktung. Der Auenhof beweist: Wenn ökonomische Energie ohne unmittelbare Renditeerwartung in fruchtbare Böden fliesst, entsteht nicht nur Ertrag, sondern Resilienz. Und Hoffnung.




Lernen, handeln, wirken
Der Auenhof hat sich vor allem auch zu einem Bildungsort entwickelt. Als Lern- und Demonstrationsbetrieb der down to earth Akademie für Permakultur-Gestaltung bildet er jährlich Dutzende Menschen aus – in Kursen, Workshops und Praktika. Was hier vermittelt wird, ist nicht nur Wissen, sondern eine Haltung: Verantwortung zu übernehmen für Boden, Mitwelt und Gemeinschaft.
Marcus Pan lehrt pragmatisch, bodenständig und inspirierend – eine Erfahrung, die auch mich persönlich geprägt hat. Meine eigene Permakultur-Ausbildung begann hier. Was 2021 mit einem Kurs seinen Anfang nahm, wurde 2022 zur Kooperation: Ich begleitete Marcus bei der Strukturierung der Finanzierung des Hofkaufs – von der Ausarbeitung der Verträge über die Ansprache von Investor:innen bis zur Übersetzung seiner Vision in die Sprache von Förderstellen.
Es gelang, knapp 20 individuelle Darlehensgeber:innen zu vereinen – allesamt überzeugt von der Idee eines Hofes, der Boden schützt statt Kapital maximiert. Der Kauf konnte nahezu bankfrei realisiert werden. Daraus entstand auch die down to earth Permaculture Foundation – eine gemeinnützige Trägerschaft, die Verantwortung von Eigentum trennt und dem Hof langfristige Freiheit sichert.
Ein Hof schreibt Zukunft
Noch immer verschwinden in der Schweiz jedes Jahr rund 500 Landwirtschaftsbetriebe. Der Auenhof aber ist zurückgekehrt – vom Rand ins Zentrum. Als Ort des Lernens. Als Modell ökologischer Vielfalt. Als Beispiel für neue Finanzierungswege. Und als Mahnung, dass Boden nicht zum Spekulationsobjekt verkommen darf. Wer ihm zuhört, erkennt: Fruchtbarkeit ist nicht allein eine Frage von Hektaren – sondern von Haltung.
Für mich ist der Auenhof ein Ort, an dem Mut und Sorgfalt zusammenkommen. Ein Hof, der nicht nur Nahrung hervorbringt, sondern auch Perspektiven. Und ein Beispiel dafür, dass Landwirtschaft nicht sterben muss – wenn wir beginnen, sie neu zu erzählen.
Mein Denken ist in der systemischen Finanzwelt gewachsen – tief analytisch, lösungsorientiert und geprägt von einem Verständnis für komplexe Zusammenhänge. Heute begleite ich Menschen, Organisationen und Regionen in Transformationsprozessen, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Strukturen in einen nachhaltigen Gleichklang bringen.
Eine grosse Freude an der Neurodiversität – an den unterschiedlichen Arten, die Welt zu denken und zu gestalten – fliesst ebenso in meine Arbeit, wie die Überzeugung, dass Vielfalt die Grundlage für Resilienz und Innovation ist. Weiterbildungen in permakultureller und syntropischer Landwirtschaft sowie die Bewirtschaftung eines eigenen Waldgartens ermöglichen es mir, agrarökologische Entwicklungen praxisnah zu gestalten und Theorie und Umsetzung sinnvoll zu verbinden.
Grundlage meines Handelns sind die Prinzipien der Triple Bottom Line: ökologisch tragfähig, sozial gerecht und wirtschaftlich tragend – mit dem Ziel, individuelle Entwicklung und gesellschaftliche Resilienz gleichermassen zu fördern.