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Die Schweizer Landwirtschaft: Chance und Verantwortung für die (Rück-)Versicherungsindustrie zugleich

Die Schweizer Landwirtschaft: Chance und Verantwortung für die (Rück-)Versicherungsindustrie zugleich


Die Landwirtschaft steht weltweit vor der Herausforderung, nachhaltiger zu wirtschaften und gleichzeitig den Klimawandel zu bewältigen. In Deutschland haben Versicherer, vertreten durch den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), proaktiv Position bezogen und unterstützen den Transformationsprozess zu mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft. Sie betonen die Bedeutung eines umfassenden Risikomanagements, das die zunehmenden klimabedingten Risiken berücksichtigt.


Prävention statt ausschliessliche Versicherungslösungen

Der GDV fordert zudem, dass Prävention und klimaangepasstes Planen, Bauen und Sanieren oberste Priorität haben sollten, anstatt ausschliesslich auf verpflichtende Versicherungslösungen zu setzen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, präventive Massnahmen in den Fokus zu rücken, um zukünftige Schäden zu minimieren.

In der Schweiz hingegen fehlt es (noch) an spezifischen Finanzprodukten für landwirtschaftliche Betriebe, die auf die besonderen Bedürfnisse dieser Branche eingehen. Dies wurde in einer ETH-Masterarbeit von Andre Semadani detailliert untersucht, die neue Wege für die Finanzierung einer nachhaltigen Landwirtschaft aufzeigt. Wer in der Schweiz nachhaltig wirtschaften will, findet sich häufig in einer Finanzierungslücke wieder, da weder konventionelle Kredite noch spezialisierte Versicherungen auf die langfristige Transformation landwirtschaftlicher Betriebe ausgerichtet sind.

Die Notwendigkeit einer soliden Datengrundlage

Mit meiner 15-jährigen Erfahrung in der Due Diligence von Grossfinanzprodukten und der Verantwortung für die Sicherstellung der Datenintegrität bei einem globalen Rückversicherer erkenne ich die dringende Notwendigkeit, dass Schweizer (Rück-)Versicherer aktiv werden. Die Basis eines guten Risikomanagements ist eine verlässliche Datengrundlage.

Doch genau hier gibt es in der Landwirtschaft gewaltige Lücken. Was in der Industrie selbstverständlich ist, nämlich belastbare Kennzahlen zur Bewertung von Risiken und Chancen, ist in der Agrarbranche oft noch unzureichend vorhanden. Mit meinem aktuellsten Projekt habe ich mir vorgenommen, diese Datengrundlage zu schaffen und deren Integrität zu gewährleisten.

Die Bedeutung gesunder Böden für die Risikominimierung

Böden, die fruchtbar und lebendig sind, bilden das Fundament einer krisenfesten Landwirtschaft. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben dazu geführt, dass viele Betriebe ihre Flächen intensiver bewirtschaften müssen, wie das langfristig sinnvoll wäre, was an vielen Orten zu Bodenabbau, Erosion und einem Rückgang des Bodenlebens beigetragen hat.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass der Wasserhaltekapazität von gesunden Böden deutlich höher ist als bei ausgelaugten, humusarmen Flächen. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf das Risikoprofil landwirtschaftlicher Betriebe: In Trockenperioden bleibt die Ertragsstabilität erhöht, während bei Starkregen weniger fruchtbarer Boden abgeschwemmt wird. Ohne Investitionen in nachhaltige Bodenbewirtschaftung steigt das Schadensrisiko signifikant.

Nachhaltigkeit als wirtschaftliche Notwendigkeit

Wie der GDV bereits feststellte, ist die Landwirtschaft nicht nur für die Lebensmittelversorgung essenziell, sondern spielt auch eine Schlüsselrolle im Natur-, Tier- und Umweltschutz. Ein nachhaltiger Ansatz in der Landwirtschaft ist daher nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch ökonomisch vorteilhaft. In diesem Zusammenhang:

«Es gibt keine ökonomischere Ökonomie als eine ökologische.» (Ernst Schwöbel)

CO₂-Kompensation als Chance und Herausforderung

Man mag die CO₂-Emissionsthematik gut oder schlecht finden. Tatsache bleibt, dass enorme Summen an ökonomischer Energie für dieses eine Element bereitgestellt werden. Meine Überzeugung: Diese Mittel lassen sich sinnvoll in langfristige, regionale Kreisläufe überführen – etwa in einen Waldgarten, der Kohlenstoff langfristig speichert, Biodiversität fördert, den Wasserhaushalt stabilisiert und die landwirtschaftliche Resilienz stärkt.

Ich lade die Schweizer (Rück-)Versicherer hiermit ein, dem deutschen Beispiel zu folgen und gemeinsam mit der Landwirtschaft innovative Lösungen für eine nachhaltige Zukunft entwickeln. Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit – und es liegt (auch) in der Verantwortung der Versicherungsbranche, diese Entwicklung aktiv zu unterstützen.


Kai Isemann

Ursprünglich aus der Finanzwelt kommend, begleite ich seit 2012 Menschen und Organisationen in sozial-ökologischer Transformation – besonders dort, wo Wirtschaftlichkeit und Gemeinwohl scheinbar im Widerspruch stehen. Mein Fokus liegt auf der agrarökologischen Entwicklung und der Gestaltung nachhaltiger Wertschöpfungskreisläufe.

Ich arbeite strikt nach dem Triple Bottom Line Modell. 1) Ist es gut für die Umwelt? 2) Ist es gut für die Menschen? 3) Ist es wirtschaftlich tragfähig? Und zwar in dieser Reihenfolge!

Mit interdisziplinären Ansätzen vereine ich Ökonomie, Agrarökologie und Gesellschaft, um regenerative Lösungen für Landwirtschaft und Kapitalallokation zu entwickeln.


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