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Hanspeter Saxer – Ein kerniges Leben

Vor etwa zwei Jahren habe ich den inzwischen 70-jährigen ehemaligen Demeter-Landwirt Hanspeter Saxer kennengelernt und begleite ihn seitdem bei der langfristigen Sicherstellung seines Schatzes von über 100 Urgetreide-Sorten und seines immensen Wissens.

Seit über 40 Jahren beschäftigt sich Hanspeter mit dem Erhalt und der Vermehrung von alten Getreidesorten. Aus Ehrfurcht der Schöpfung gegenüber hat er es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Getreidevielfalt der Erde zu erhalten. In den vergangenen Jahren hatte Hanspeter über 100 verschiedene alte Sorten gesammelt und vermehrt. Sein Sortiment zeichnet Raritäten aus längst vergangenen Zeiten aus, welche eine äusserst ursprüngliche Genstruktur aufweisen, ohne jeglichen Eingriff eines Labors. Einige Sorten sind daher auch zum Verzehr für Menschen mit hochsensibler Verdauung geeignet.

Hanspeter’s Leidenschaft für das Korn, seine Narben aus einem ebenso kernigen wie robusten Leben, sowie sein unverwechselbarer Charme, sind definitiv unterstützenswert. Und mit grosser Freude helfe ich, Hanspeter’s Erbe in eine neue Generation und ihn zu mehr innerem Frieden zu begleiten.

Die jahrelange Passion und harte Arbeit, welche Hanspeter in die Vermehrung von längst vergessenen Sorten steckte und nach wie vor steckt, blieb bis heute praktisch unverdankt. Mit Kopfschütteln und einem stillen Lächeln wurde seine Arbeit bisher gerne reflektiert. Der traditionelle Anbau der Getreidesorten sei kaum ertragreich und zu wenig wirtschaftlich, hiess es oft. Das ändert sich inzwischen aus Gründen eines offenbar erweiterten Bewusstseins in der Landwirtschaft und beim Konsumenten, und Hanspeter’s Saatgut und die Produkte daraus sind zur gefragten Ware geworden.

In der Lebensmittelindustrie werden heute hybride Getreidesorten verarbeitet und ohne Deklaration weiterverkauft. Als Konsument würde ich gerne selbst bestimmen, ob ich genmanipuliertes Getreide konsumieren möchte oder nicht. Tatsächlich wollen das die meisten Menschen, die ich kenne. Mit Hanspeter an der Hand möchte ich daher seine alten Getreidesorten weiter schützen und vermehren helfen, sodass sie allen Menschen, die ein Urkorn zu schätzen wissen, auch den Zugang dazu bekommen.

Rückblick auf ein kerniges Leben

Franz Karl Rödelberger, ein schweizer Bauer und Lehrer an der Freien Landbauschule Goldenhof, hatte vor über 40 Jahren einen entscheidenden Einfluss auf das Leben von Hanspeter Saxer. Hanspeter besuchte diese biologisch-dynamische Landwirtschaftsschule im Südschwarzwald und wurde dort von Herrn Rödelberger in die Welt der alten Sorten eingeführt.

Der Goldenhof war kein gewöhnlicher Bauernhof. Statt moderner Maschinen und Hochleistungskühe fanden sich dort ausdauernde Norweger-Pferde und genügsame Hinterwälder-Kühe. Die täglichen Arbeiten wurden ohne den Einsatz von Maschinen erledigt. Stattdessen konnte man das Muhen der Kühe, das Schnauben der Pferde und das Summen der Bienen hören. Die Menschen arbeiteten fröhlich und sangen sogar trotz der oft schweren Arbeit. 

Herr Rödelberger war bekannt dafür, ein bisschen „verrückt“ zu sein, aber genau das war es, was ihn auszeichnete. In einer Welt, die sich immer mehr um Konsum drehte und den Blick für die Zusammenhänge verlor, war er ein leuchtendes Beispiel für den Vorwärtsdrang mit der Natur. Er lehrte Hanspeter, dass es wichtig ist, die Natur zu respektieren und zu verstehen, wie die Dinge produziert werden und woher sie kommen.

Die Liebe zu den alten Sorten begann für Hanspeter vor etwa 50 Jahren, als Herr Rödelberger ins Mattertal im Wallis fuhr, um einen bestimmten, begrannten Weizen zu finden, von dem ihm berichtet wurde. Der Bauer, der diesen Weizen angebaut hatte, hatte jedoch mit der Landwirtschaft aufgehört. Herr Rödelberger fand noch ein paar Körner dieses Weizens in einem alten Getreidespeicher. Er brachte sie zurück in den Südschwarzwald und vermehrte sie.

Diese paar Weizenkörner waren von der Sorte Huron, die in den Kriegsjahren in der Schweiz angebaut wurde und eine herausragende Backqualität hat. Hanspeter war tief berührt von dieser Sorte und bat Herrn Rödelberger um ein paar Ähren, um einen Kranz als Andenken zu machen. Obwohl Herr Rödelberger zunächst ablehnte, drückte er dem Protagonisten zum Abschied drei Ähren in die Hand. Diese Ähren wurden zu einem wichtigen Symbol der Dankbarkeit und Hingabe von Hanspeter in all den folgenden Jahren. 

Seitdem sind fast 40 Jahre vergangen, und Hanspeter hält immer noch an diesem Weizen fest. Er hat ihn nicht einmal umgetauft – er bleibt sein Huron. Doch warum wird dieser Weizen nicht mehr angebaut, obwohl er eine ausgezeichnete Backqualität hat? Die Antwort ist einfach: Er hat eine kleine Ähre und kleine Körner, was zu einem geringeren Ertrag führt. In Hanspeter’s Verständnis, und hier sind wir uns sehr einig, hat jeder Mensch es selbst in der Hand, Verantwortung zu übernehmen. Und es liegt in unserer Verantwortung, die Vielfalt des Getreides und die Biodiversität zu erhalten, sie mit unserem Leben zu schützen. 

Der passionierte Folkloretänzer hat im Laufe der Jahre nicht nur den Huron-Weizen bewahrt, sondern auf seinen langen Reisen durch die Welt auch viele andere Sorten von Getreide, Kartoffeln, Bohnen, Gemüse und Blumen gesammelt. Leider war der Hof, auf dem Hanspeter lebte, 2016 bis auf die Grundmauern niedergebrannt, und ein Grossteil seiner Sammlung wurde zerstört. Doch Hanspeter gab nicht auf und versuchte mehrmals, wieder auf die Beine zu kommen.

Warum tut sich Hanspeter das an? Es ist eine Frage, die er in den 40 Jahren nie beantworten konnte und auch jetzt nicht kann. Er ist fest davon überzeugt, dass es der richtige Weg ist, um etwas zu bewirken. Es geht nicht um Geld oder Angst vor dem Verlust von Sorten. Es geht darum, Dankbarkeit für das tägliche Brot und die Schöpfung auszudrücken. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen und etwas zu bewirken, egal wie klein es auch sein mag.


Kai Isemann

Ursprünglich aus der Finanzwelt kommend, bin ich seit 2012 als Unternehmer und Mentor tätig. Für Menschen, die sich ihrer Verantwortung für die ökonomische Energie bewusst sind, die sie verwalten, orchestriere ich seit mehr als einem Jahrzehnt Lösungen, wie sie diese Energie dem Reversed Triple Bottom Line Modell für eine nachhaltige Entwicklung entsprechend investieren können.

1) Ist es gut für die Umwelt?
2) Ist es gut für die direkt und indirekt Beteiligten?
3) Ist es gut für die Ökonomie unserer Wertegemeinschaft?

Und zwar in dieser Reihenfolge!