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Gemeinwohl ökonomisch übersetzt: Neue Modelle zur Honorierung agrarischer Leistungen

Gemeinwohl ökonomisch übersetzt: Neue Modelle zur Honorierung agrarischer Leistungen


Die Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft wird meist als ökologische geführt, doch im Kern ist sie eine wirtschaftliche. Denn wie fast alles in unserer Gesellschaft folgt auch sie dem ökonomischen Glaubensmuster, das festlegt, was zählt und was unsichtbar bleibt. Kilian Greter (Dozent LBBZ Schluechthof Cham) beschreibt es mit einem einfachen Bild: Es gibt einen sichtbaren Baum und einen, der im Schatten steht.


Ökologische und soziale Leistungen sind längst Gemeinwohlleistungen. Landwirte erbringen sie täglich. Sie pflegen Böden, erhalten Artenvielfalt, sichern Versorgung und soziale Strukturen auf dem Land. Doch all das findet in keiner Bilanz statt. Die Landwirtschaft schafft Werte, die unser Wirtschaftssystem nicht als solche erkennt. Gemeinwohl gehört in die Buchhaltung! Solange es dort fehlt, bleibt es unsichtbar und unsichtbare Leistungen werden nicht entlöhnt.

Wenn Landwirtschaft Verantwortung übernimmt, für Böden, Biodiversität, soziale Integration oder regionale Versorgung, schafft sie Werte, die bisher in keiner Bilanz erscheinen. Um das zu ändern, braucht es neue Finanzprodukte für das Gemeinwohl:

Wir müssen die erbrachten Leistungen sichtbar und inwertsetzbar machen, damit die Finanzwelt sie versteht und bewerten kann.

Wir müssen Akteure aus Landwirtschaft und Finanzwirtschaft an einen Tisch bringen, um diese Produkte gemeinsam zu entwickeln.

Nur so entstehen Instrumente, die tatsächlich wirken, statt gut gemeinte Konstrukte, die an der Realität vorbeigehen.

Die RegioWert Treuhand AG baut genau diese Brücke. Sie zeigt auf, wie Gemeinwohlleistungen gemessen und bewertet werden können und entwickelt parallel die Schnittstellen, über die Kapital künftig gezielt in überprüfbare Leistungen fliessen kann.

Verschiedene Kapitalquellen, ein gemeinsames Ziel

Die Finanzierung des Gemeinwohls wird nicht von einer Seite kommen, sondern aus mehreren Richtungen. Entscheidend ist, diese Ströme zu strukturieren und sie in ein verlässliches System zu überführen.

Private Vermögende

Viele vermögende Menschen handeln aus Überzeugung; schnell, direkt und mit einem klaren Sinn für Verantwortung. Sie sind oft der erste Hebel, um neue Modelle in Gang zu setzen.

Family Offices

Family Offices denken generationenübergreifend und suchen nach Investitionen, die ökologischen, sozialen und ökonomischen Nutzen vereinen. Für sie ist das Gemeinwohl kein Spendenzweck, sondern eine stabile Anlageklasse mit realem Gegenwert.

Stiftungen

Stiftungen erkennen zunehmend, dass Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität und soziale Kohäsion zentrale Pfeiler der gesellschaftlichen Stabilität sind. Sie brauchen überprüfbare Instrumente, um ihre Mittel gezielt einzusetzen.

Verwaltung

Die öffentliche Hand steht unter Druck, Wirkung nachzuweisen und Fördermittel effizient einzusetzen. Mit Leistungsnachweisen aus AgriMetrix kann sie gezielt jene Betriebe unterstützen, die nachweislich ökologische und soziale Mehrwerte schaffen. Die Stadt Neumarkt (D) zeigt, dass dies funktioniert: Dort werden Gemeinwohlleistungen landwirtschaftlicher Betriebe direkt vergütet. Ein Modell mit Signalwirkung.

Wirtschaft

Unternehmen erkennen zunehmend, dass Nachhaltigkeit Teil ihrer Wertschöpfung ist. Der Handel kann über gezielte Aufschläge oder Lieferkettenanreize reale Leistungen fördern, wie beispeilsweise Lammsbräu, das Gemeinwohlkennzahlen aktiv in seine Partnerstrukturen integriert. So wird Verantwortung ökonomisch abbildbar, anstatt in Versprechen ausgelagert zu bleiben.

Unsere Lösungsansätze

Um diese Kapitalquellen zu verbinden und in die reale Landwirtschaft zu leiten, entwickelt die RegioWert Treuhand AG gemeinsam mit Partnern mehrere sich ergänzende Instrumente:


RegioWert AGs

Regionale Aktiengesellschaften in Verantwortungseigentum, die Bürgerkapital, institutionelles Kapital und Stiftungsmittel bündeln. Sie investieren in Betriebe, Wertschöpfungsketten und regionale Infrastrukturen und machen damit Gemeinwohl zu einer betriebswirtschaftlichen Grösse.

RegioCoin

Der RegioCoin ist ein Impact Reward System und ermöglicht die direkte Vergütung von nachgewiesenen Gemeinwohlleistungen. Unternehmen, Stiftungen oder Verwaltungen können damit Verantwortung übernehmen, indem sie reale Leistungen entlohnen; transparent, überprüfbar und regional rückgekoppelt.

Bodenfruchtbarkeitsfonds

Gemeinsam mit der Bio-Stiftung Schweiz wurde ein funktionierendes Modell geschaffen, das Landwirte für den Aufbau gesunder Böden honoriert. Es gilt als Proof of Concept, dass Gemeinwohlleistungen messbar und vergütbar sind. Jetzt braucht es Strukturen, um dieses Prinzip in grösserem Massstab umzusetzen. 

Gemeinwohlstadt/-region

Nach dem Vorbild der „Klimastadt“-Initiative soll eine Akkreditierung entstehen, die Gemeinden und Regionen auszeichnet, die den Gemeinwohlgedanken in Planung, Beschaffung und Wirtschaftsförderung verankern. Es schafft Sichtbarkeit und Orientierung für Verwaltung, Unternehmen und Bürgerinnen gleichermassen und macht erkennbar, wo Verantwortung bereits systematisch gelebt wird.

Eine neue Logik des Wirtschaftens

Das alte System fragte: Was kostet es?
Das neue fragt: Was leistet es und für wen?

Mit AgriMetrix steht erstmals ein System zur Verfügung, das diese Leistungen ökologisch, sozial und regionalökonomisch messbar machrt. Es schafft die Datengrundlage, um Kapitalflüsse an reale Werte zu koppeln. Die RegioWert Treuhand AG versteht sich als Navigatorin dieser Transformation, zwischen Landwirtschaft und Finanzwelt, zwischen Verantwortung und Rendite. Sie baut die Struktur, die nötig ist, um Gemeinwohl in ökonomische Sprache zu übersetzen, ohne seinen Sinn zu verlieren.

Ausblick

Die kommenden Monate bieten Gelegenheit, diese Diskussion öffentlich weiterzuführen und konkrete Kooperationen aufzubauen:

11.11.2025 | SwissFoodResearch | bbzn Schüpfheim (CH)

Es tagt die Innovationsgruppe Zukunftsgerichtete Landwirtschaft mit dem Fokus: Kosten, Leistung, Wirkung. Wie entsteht Wert in der Landwirtschaft?

04.12.2025 | innovate! zukunftsdialog | Osnabrück (D)

AgriMetrix auf internationaler Bühne: Gemeinwohlfinanzierung als Bestandteil von Impact-Systemen.

20.01.2026 | Entwicklungskonferenz Wirkungskapital | Rüschlikon (CH)

Von der Messung über die Finanzierung bis zur Vergütung. Wie lassen sich Gemeinwohlleistungen strukturell in Wirtschaft und Verwaltung integrieren?

25.01.2026 | Basel Peace Forum | Basel (CH)

Wie kann territoriale Resilienz, also die Fähigkeit von Regionen, ökologische, soziale und ökonomische Stabilität miteinander zu verbinden zu einer Grundlage gesellschaftlichen Friedens werden?

Vom Schatten ins Licht

Es geht nicht darum, neue Subventionen zu erfinden, sondern darum, eine verlässliche Schnittstelle zwischen Leistung und Kapital zu schaffen. Die Landwirtschaft erbringt Gemeinwohlleistungen längst. Jetzt braucht sie Strukturen, die sie dafür entlohnen; fair, nachvollziehbar und dauerhaft. Oder, um noch einmal das Bild von Kilian Greter aufzugreifen: Es gibt einen sichtbaren Baum und einen im Schatten. Unsere Aufgabe ist es, den Schattigen kleiner zu machen und den sichtbaren grösser.


Kai Isemann

Mein Denken ist in der systemischen Finanzwelt gewachsen – tief analytisch, lösungsorientiert und geprägt von einem Verständnis für komplexe Zusammenhänge. Heute begleite ich Menschen, Organisationen und Regionen in Transformationsprozessen, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Strukturen in einen nachhaltigen Gleichklang bringen.

Eine grosse Freude an der Neurodiversität – an den unterschiedlichen Arten, die Welt zu denken und zu gestalten – fliesst ebenso in meine Arbeit, wie die Überzeugung, dass Vielfalt die Grundlage für Resilienz und Innovation ist. Weiterbildungen in permakultureller und syntropischer Landwirtschaft sowie die Bewirtschaftung eines eigenen Waldgartens ermöglichen es mir, agrarökologische Entwicklungen praxisnah zu gestalten und Theorie und Umsetzung sinnvoll zu verbinden.

Grundlage meines Handelns sind die Prinzipien der Triple Bottom Line: ökologisch tragfähig, sozial gerecht und wirtschaftlich tragend – mit dem Ziel, individuelle Entwicklung und gesellschaftliche Resilienz gleichermassen zu fördern.


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