Triple Bottom Line: Mehr als nur Profit
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seit 2021
weltweit
Zürich ZH
Entwicklung von konsequentem, datenbasiertes Bewertungsverfahren, das Unternehmen primär nach ihren ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen beurteilt, um nachhaltige Wirtschaftsformen zu fördern und Greenwashing zu entlarven.
Dr. Oliver Fink
Kai Isemann



Triple Bottom Line: Mehr als nur Profit
Jenseits von Greenwashing
Unternehmenserfolg wurde lange Zeit fast ausschliesslich an der finanziellen Bottom Line gemessen, sprich am Gewinn oder Verlust am Ende der Bilanz, dem doppelten Unterstrich. Doch bereits in den 1980er Jahren entwickelte sich das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, das wirtschaftliche, ökologische und soziale Ziele gleichberechtigt verankert. Auf dieser Grundlage prägte der britische Vordenker John Elkington 1994 den Begriff Triple Bottom Line. Dieses Konzept fordert, den unternehmerischen Erfolg nicht nur einseitig an monetären Gewinnen zu bewerten, sondern ebenso an den Auswirkungen auf Menschen und Planet. Oft ist von den „3 P“ die Rede: People, Planet, Profit; also Soziales, Umwelt und Wirtschaftlichkeit. Die Idee fand Eingang in Nachhaltigkeitsinitiativen weltweit und beeinflusste Standards wie die Global Reporting Initiative und ESG-Rahmenwerke. Kurz gesagt: Nachhaltiger Fortschritt erfordert, alle drei Dimensionen im Blick zu behalten, um echte Zukunftsfähigkeit zu erreichen.
Die Triple Bottom Line Methodik im Überblick
Die Triple Bottom Line Methodik überträgt diesen Ansatz konsequent in die Praxis. Es handelt sich um ein datenbasiertes Bewertungsverfahren, das Unternehmen primär nach ihren ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen bewertet, noch vor den klassischen Finanzkennzahlen. Dadurch soll einerseits erreicht werden, dass wirklich nachhaltige Wirtschaftsformen identifiziert und gezielt gefördert werden. Andererseits deckt der Ansatz gezielt Greenwashing auf, also den Versuch von Unternehmen, sich mittels oberflächlicher grüner Massnahmen ein verantwortungsbewusstes Image zu geben. Die Triple Bottom Line Methodik entwickelt hierzu messbare Wirkungsindikatoren und Kennzahlen, um Nachhaltigkeit transparent und vergleichbar zu machen. So werden z. B. der CO₂-Fussabdruck, soziale Arbeitsstandards oder Gemeinwohl-Beiträge eines Unternehmens quantifiziert und einem finanziellen Due-Diligence-Prozess gleichgestellt.
Wichtig ist: Der Triple-Bottom-Line-Ansatz stellt Gewinn und Wirkung gleichwertig nebeneinander. Ökologische und soziale Erträge eines Geschäftsmodells zählen genauso viel wie der finanzielle Gewinn. Diese neue Bewertungslogik soll nachhaltige Wirtschaftsformen aktiv vorantreiben, indem sie Unternehmen ganzheitlich beurteilt und so Investitionen in wirklich zukunftsfähige Betriebe lenkt. Letztlich zielt die Methodik darauf ab, verantwortungsvolles Wirtschaften zum Standard zu machen und Kapitalsuchende mit Impact-Investoren zusammenzubringen. Besonders in Bereichen wie der regenerativen Landwirtschaft oder der Kreislaufwirtschaft, die bisher oft unterkapitalisiert sind, schafft Triple Bottom Line eine belastbare Grundlage, um Wirkung messbar zu machen und dadurch mehr Kapital in nachhaltige Projekte zu lotsen.
Die richtige Reihenfolge: Erst kein Schaden, dann Gewinn
Ein zentraler Aspekt der Triple Bottom Line Methodik ist die Reihenfolge der Fragen bei der Bewertung von Geschäftsplänen. First things first! Bevor überhaupt von Umsatz und EBIT die Rede ist, steht die Prüfung ökologischer und sozialer Auswirkungen an erster Stelle. Zuerst muss sichergestellt sein, dass keine Schäden entstehen, weder für die Umwelt noch für die Gesellschaft. Erst wenn ein Konzept diese Nachhaltigkeitsprüfung besteht, widmet man sich den klassischen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Diese Priorisierung in der Fragestellung sorgt für hohe Effizienz bei der Analyse. Ideen, die sozial oder ökologisch nicht tragfähig sind, fallen frühzeitig durchs Raster und binden keine weiteren Ressourcen. In der traditionellen Geschäftsentwicklung hingegen werden Nachhaltigkeitsaspekte oft erst spät oder gar nicht betrachtet, was dazu führen kann, dass viel Zeit und Kapital in letztlich schädliche oder kurzsichtige Vorhaben fliessen.
Der 3BL-Ansatz kehrt dieses Vorgehen um. Viele herkömmliche Businesspläne würden einen strengen 3BL-Filter nicht überstehen. Sie fallen durchs Raster, weil sie etwa Umweltkosten externalisieren oder soziale Belange ignorieren. Übrig bleiben die Vorhaben, die von Beginn an ganzheitlich nachhaltig gedacht sind. Bildlich gesprochen bleibt am Ende die Sahne übrig, also die besten, wirklich zukunftsfähigen Geschäftsideen. Diese werden anschliessend selbstverständlich auch auf ihre finanzielle Tragfähigkeit geprüft, doch die ökonomische Bewertung erfolgt erst nachdem die fundamentalen Nachhaltigkeitskriterien erfüllt sind. Dieses Vorgehen entspricht dem Vorsorgeprinzip: mögliche Schäden vermeiden, bevor Gewinne maximiert werden. Es stellt sicher, dass People und Planet vor Profit kommen, ohne den Profit zu vergessen, aber eben an der richtigen Stelle.
Vorteile und Pro-Argumente des 3BL-Ansatzes
Der Triple Bottom Line Ansatz bietet eine Reihe von Vorteilen, sowohl für Unternehmen selbst als auch für Investoren, Kunden und die Gesellschaft insgesamt.
Langfristige Risikominimierung
Unternehmen, die ihre Umwelt- und Sozialauswirkungen im Griff haben, reduzieren Reputationsrisiken und regulatorische Risiken deutlich. In Zeiten schärferer Vorschriften (z. B. die EU-Corporate Sustainability Reporting Directive zur Pflichtberichterstattung über Nachhaltigkeitsfaktoren, werden 3BL-orientierte Firmen besser aufgestellt sein und böse Überraschungen vermeiden.
Wertschöpfung für alle Stakeholder
Die Triple Bottom Line erweitert den Fokus von einer reinen Shareholder-Perspektive hin zur Stakeholder-Perspektive. Das heisst, das Wohlergehen von Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und der Gemeinschaft wird mitberücksichtigt. Diese ganzheitliche Verantwortung stärkt das Vertrauen in die Firma und erhöht die gesellschaftliche Akzeptanz ihrer Geschäftstätigkeit.
Attraktivität für Investoren und Kunden
Immer mehr Investorinnen und Konsumenten achten heute auf Nachhaltigkeit. Studien zeigen, dass fast die Hälfte der Verbraucher bereit ist, für nachhaltige Produkte und Marken mehr zu bezahlen. Auch an den Kapitalmärkten wächst der Bereich Impact Investing rasant. Ein Unternehmen, das nachweislich ökologische und soziale Mehrwerte schafft, positioniert sich attraktiv für die wachsende Zahl von Impact-Investoren. Projekte, die nach dem 3BL-Prinzip bewertet sind, bieten diesen Anlegern die Sicherheit, dass ihr Kapital tatsächlich positiv wirkt und nicht unwissentlich Schaden anrichtet. Zugleich fliesst frisches Geld in bislang vernachlässigte, aber zukunftsweisende Branchen, was dank 3BL-Transparenz deutlich erleichtert wird.
Innovation und Zukunftsfähigkeit
Der 3BL-Ansatz fördert unternehmerische Innovationen, weil er Betriebe motiviert, neue Lösungen für soziale oder ökologische Probleme zu entwickeln. Wer Nachhaltigkeit nicht als lästige Auflage, sondern als Kernziel definiert, denkt automatisch kreativer über Produkte, Dienstleistungen und Prozesse nach. Das Ergebnis sind effizientere, resilientere Geschäftsmodelle, die nicht nur nachhaltig, sondern auch profitabel sind. In der Praxis zeigt sich, dass Nachhaltigkeitsinnovationen z. B. zu Einsparungen (etwa durch Energieeffizienz) führen können, was wiederum die Gewinnspanne erhöht. So profitieren Planet und Profit gleichermassen.
Interne Vorteile
Eine nach der Triple Bottom Line ausgerichtete Betriebsführung bringt auch firmenintern Pluspunkte. Studien legen nahe, dass nachhaltige Unternehmen Mitarbeiter stärker binden und motivieren. Angestellte identifizieren sich eher mit einem Arbeitgeber, der Werte verfolgt. Zudem verringert ein nachhaltiges Geschäftsmodell gewisse Geschäftsrisiken, etwa durch resilientere Lieferketten oder vorausschauendes Ressourcenmanagement. Nicht zuletzt kann das Optimieren von Umweltprozessen (z. B. weniger Abfall, geringerer Energieverbrauch) direkt Kosten senken und die Effizienz steigern. Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg schliessen einander also nicht aus, sie können sich im Gegenteil gegenseitig bedingen und verstärken.
Transparenz und Messbarkeit
Indem 3BL klare Kriterien und Messgrössen für Impact etabliert, wird Nachhaltigkeit aus der abstrakten Ecke geholt. Fortschritte (oder Rückschritte) in sozialen und ökologischen Belangen lassen sich quantifizieren und kommunizieren, etwa in Nachhaltigkeitsberichten oder gegenüber Investoren. Dies schafft Transparenz und ermöglicht es, Unternehmen vergleichbar zu machen. Echte Nachhaltigkeitsleistung wird so von oberflächlichem Marketing-Greenwashing unterscheidbar. Für Kapitalgeber entstehen neue Bewertungsmassstäbe, mit denen Projekte fairer eingeschätzt werden können. Insgesamt trägt dies zu einem Markt bei, in dem ganzheitlicher Unternehmenserfolg sichtbarer und belohnter wird.
Ein praktisches Beispiel für die Umsetzung der Triple Bottom Line Philosophie sind übrigens die B-Corporations; Unternehmen, die durch eine Zertifizierung nachweisen, dass sie soziale und ökologische Kriterien ebenso erfüllen wie finanzielle. Solche Vorreiter gelten als ein hoffnungsvoller Lichtblick für die Zukunft der Wirtschaft, da sie zeigen, dass Gewinnstreben und Gemeinwohl vereint werden können.
Aktueller Stand und nächste Schritte
Triple Bottom Line hat sich von einer Idee zu einem konkreten Vorhaben entwickelt. Nach einer intensiven Konzeptionsphase und ersten Pilotprojekten, u. a. im Agrarsektor, um die Praxistauglichkeit des Modells zu überprüfen, steht der Ansatz nun vor dem Sprung in die nächste Umsetzungsstufe. Die Vision eines gemeinwohlorientierten Finanzunternehmens nimmt Gestalt an, ein non-profit getriebener Ansatz, der Unternehmen bei der Finanzierung unterstützt und Investoren verlässliche Nachhaltigkeitsbewertungen liefert.
Als nächster grosser Schritt ist die Gründung einer Crowdinvestment-Plattform geplant, die auf der Triple Bottom Line Methodik basiert. Diese Plattform soll es ermöglichen, breiten Kreisen von Anlegern – vom kleinen Privatinvestor bis zur grossen Stiftung oder Pensionskasse – Beteiligungen an nachhaltigkeitsgeprüften Unternehmen einzugehen. Jeder investierte Franken soll sozusagen einen dreifachen Return erzielen: einen positiven Effekt für die Umwelt, einen sozialen Mehrwert und eine finanzielle Rendite. Durch die Crowdinvestment-Plattform können nachhaltige Projekte und regenerative Unternehmen effizient Kapital einsammeln, die ansonsten oft Schwierigkeiten haben, klassische Finanzierung zu erhalten. Gleichzeitig erhalten Investoren die Möglichkeit, gezielt Portfolios aufzubauen, die mit den eigenen Werten im Einklang stehen, ohne auf professionelle Prüfung der Geschäftsmodelle verzichten zu müssen. Die Plattform wird die Brücke schlagen zwischen Kapitalgebern auf der Suche nach sinnvollen Investments und Projektinitiatoren mit zukunftsweisenden Ideen. Damit soll das bislang ungenutzte Potenzial von privatem und institutionellem Kapital für die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft mobilisiert werden.
Durch diese nächste Entwicklungsstufe, vom Bewertungsrahmen hin zur aktiven Finanzierungsdrehscheibe, möchte Triple Bottom Line den Paradigmenwechsel in der Wirtschaft weiter vorantreiben. Das übergeordnete Ziel bleibt, Kapitalströme in Richtung Nachhaltigkeit umzulenken und damit einen systemischen Wandel anzustossen. Weg von kurzfristiger Gewinnmaximierung hin zu langfristiger Wertschöpfung im Einklang mit Gesellschaft und Umwelt.
Gedanken und Impulse aus der Welt der Triple Bottom Line
Mein Denken ist in der systemischen Finanzwelt gewachsen – tief analytisch, lösungsorientiert und geprägt von einem Verständnis für komplexe Zusammenhänge. Heute begleite ich Menschen, Organisationen und Regionen in Transformationsprozessen, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Strukturen in einen nachhaltigen Gleichklang bringen.
Eine grosse Freude an der Neurodiversität – an den unterschiedlichen Arten, die Welt zu denken und zu gestalten – fliesst ebenso in meine Arbeit, wie die Überzeugung, dass Vielfalt die Grundlage für Resilienz und Innovation ist. Weiterbildungen in permakultureller und syntropischer Landwirtschaft sowie die Bewirtschaftung eines eigenen Waldgartens ermöglichen es mir, agrarökologische Entwicklungen praxisnah zu gestalten und Theorie und Umsetzung sinnvoll zu verbinden.
Grundlage meines Handelns sind die Prinzipien der Triple Bottom Line: ökologisch tragfähig, sozial gerecht und wirtschaftlich tragend – mit dem Ziel, individuelle Entwicklung und gesellschaftliche Resilienz gleichermassen zu fördern.