Farner Alp: Ein frecher Vorstoss mit Weitblick
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2024
Zürcher Oberland
Eschenbach SG
Entwicklung und Umsetzung eines holistischen Betriebskonzepts zur Zukunftssicherung der Farner Alp als gemeinnützig getragener Modellbetrieb für regenerative Landwirtschaft und Permakultur in Verantwortungseigentum – inklusive Flächensuche, Konzeption und Verhandlungsführung
Kai Isemann
Daniela Spiess
Stefan Spiess

Farner Alp: Ein frecher Vorstoss mit Weitblick
Die Farner Alp – gelegen auf 1’145 Metern Höhe mit Panoramablick auf den Zürichsee und die Alpsteinkette – war fast ein Jahrhundert im Besitz des Zürcher Bauernverbands (ZBV). Die Liegenschaft auf dem Gemeindegebiet von Eschenbach SG umfasst rund 64 Hektaren mit Weide, Wald, Wiesen und einem Bergrestaurant und wurde 2024 vom ZBV in einem Bieterverfahren veräussert. Sieben Projekte gelangten in die Endrunde – auch unseres. Den Zuschlag erhielt das geografisch am weitesten entfernte Projektteam.
Isemann Holistic Guidance erhielt Ende 2022 den Auftrag, für eine engagierte Käuferschaft einen Betrieb zu finden, auf dem Permakultur holistisch und im grossen Massstab realisiert werden kann. Viele mögliche Betriebe wurden analysiert, besucht, verglichen – der Fokus wurde immer enger. Als die Farner Alp zum Verkauf ausgeschrieben wurde, entstand ein umfassendes Betriebskonzept auf Basis der Triple Bottom Line Methodik: 1) Ökologie, 2) Soziales, 3) Ökonomie. Neben der Konzeption übernahm Isemann Holistic Guidance auch die Verhandlungsführung im Namen der Käuferschaft.


Ökologische Regeneration als Betriebsgrundlage
Ziel war es, die Farner Alp in ein dynamisches, resilientes Ökosystem zu überführen. Ein mehrschichtiger Waldgarten mit Essbarem und Gehölzen bildet das Rückgrat, ergänzt durch Agroforstsysteme wie Alley Cropping und Hochstammweiden. Extensive Weidehaltung mit seltenen Nutztierrassen stärkt die Biodiversität und integriert Nährstoffkreisläufe sinnvoll. Der Gemüseanbau erfolgt standortgerecht in Damm- und Mulchkultur, während die geplante Heilkräuterproduktion auf die Zusammenarbeit mit erfahrenen regionalen Fachleuten setzt. Die systematische Optimierung von Ökosystemleistungen – insbesondere Wasserrückhalt und CO₂-Bindung – steht im Zentrum. Die Detailplanung und Umsetzung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Spezialistinnen und Spezialisten für Wassermanagement, Bodenaufbau, Pflanzenkultur und Permakulturplanung.


Sozialer Mehrwert für Region und Gesellschaft
Die Farner Alp wird als Ort lebendiger Beziehungen gedacht: zwischen Menschen, Generationen, Wissensformen. Geplant ist ein Bildungsbetrieb mit Kursen zu Permakultur, regenerativer Landwirtschaft und Naturpädagogik, ergänzt durch (heil-)pädagogische Angebote, tiergestütztes Coaching und naturnahe Freizeitformate wie Pferdetrekking.
Die Alp soll zugleich Erholungsraum und Lernort sein, ein Ort für Erfahrung, Austausch und Teilhabe. Partizipative Strukturen wie Erntepartnerschaften, Mitmachangebote und Patenschaftsmodelle schaffen Verbindung. Die Struktur folgt dem Anspruch: Die Käuferschaft ist bereit, über zwei Millionen Franken in eine gemeinnützige Organisation einzubringen und die Alp in Verantwortungseigentum zu überführen. Eigentum, Arbeit und Wirkung stehen in einem sinnorientierten Verhältnis – dauerhaft und unabhängig von Einzelpersonen.
Ökonomische Tragfähigkeit durch Diversifikation
Wirtschaftlich steht das Projekt auf mehreren stabilen Säulen. Der Absatz hofeigener Produkte – Gemüse, Kräuter, Honig, Fleisch – erfolgt über Hofladen, Webshop, regionale Bioläden und Kooperationspartner:innen in Gastronomie und Direktvertrieb. Bildungsangebote, Veranstaltungen und sanfter Tourismus schaffen zusätzliche Einnahmequellen.
Beiträge aus Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsprogrammen sowie Fördermittel aus öffentlicher Hand und philanthropischen Netzwerken ergänzen das Fundament. Entscheidender Vorteil: Durch das bereitgestellte Schenkungskapital entfallen Finanzierungskosten – was die wirtschaftliche Resilienz erheblich stärkt. Die gemeinnützige GmbH wird so kapitalisiert, dass sie BGBB-konform agieren kann, Eigentümerin der Liegenschaft wird, faire Arbeitsbedingungen garantiert und gezielt in Infrastruktur, Maschinen und Humusaufbau investiert.
Struktur und Umsetzung
Das Vorhaben wird von einem erfahrenen Kernteam getragen, das Verantwortung gemeinschaftlich lebt. Die Betriebsleitung wohnt als Wohngemeinschaft direkt auf dem Hof – gelebte Nähe zwischen Arbeit, Alltagsgestaltung und Entscheidungsfindung. Klare Verantwortlichkeiten, professionelle Buchhaltung und externe Revision sorgen für Transparenz und Verbindlichkeit.
Einzelne Betriebszweige wie Pferdetrekking oder Heilkräuterproduktion können in eigenständige Trägerschaften ausgelagert werden – etwa als Genossenschaften oder Vereine – und bleiben gleichzeitig eng mit dem Gesamtbetrieb verbunden. Das Projekt ist so strukturiert, dass es Wachstum und Vielfalt ermöglicht, ohne seine innere Kohärenz zu verlieren.


Wirkung trotz Absage
Zugegeben – die Vorstellung, dass der Zürcher Bauernverband ausgerechnet unserem Konzept den Zuschlag geben würde, war einigermassen frech. Und doch: Es war richtig, sich auf dieses Projekt einzulassen. Es war richtig, die Fahne in den Wind zu halten, sichtbar zu machen, dass da eine Generation bereitsteht, die Landwirtschaft neu denkt – verantwortungsvoll, regenerativ, verankert.
Auch wenn das Projektteam den Zuschlag für die Farner Alp nicht erhielt, bleibt das Vorhaben ein Referenzfall dafür, wie konsequent gedachte Landwirtschaft im Sinne einer ökologischen, sozialen und ökonomischen Transformation aussehen kann. Die Klarheit des Konzepts, die Verbindung von regenerativer Praxis und struktureller Verantwortung, setzt Impulse weit über die Alp hinaus.
Kurz nach der Absage realisierte die Käuferschaft ein neues Vorhaben: den Erwerb des Hofs Birchmatt im Kanton Solothurn. Dieser war zur Abparzellierung ausgeschrieben. Durch unser Engagement konnte dies verhindert werden – die Fläche bleibt in der aktiven Landwirtschaft und wird zur nächsten Etappe einer Bewegung, die mehr als nur Boden kultiviert.
Mein Denken ist in der systemischen Finanzwelt gewachsen – tief analytisch, lösungsorientiert und geprägt von einem Verständnis für komplexe Zusammenhänge. Heute begleite ich Menschen, Organisationen und Regionen in Transformationsprozessen, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Strukturen in einen nachhaltigen Gleichklang bringen.
Eine grosse Freude an der Neurodiversität – an den unterschiedlichen Arten, die Welt zu denken und zu gestalten – fliesst ebenso in meine Arbeit, wie die Überzeugung, dass Vielfalt die Grundlage für Resilienz und Innovation ist. Weiterbildungen in permakultureller und syntropischer Landwirtschaft sowie die Bewirtschaftung eines eigenen Waldgartens ermöglichen es mir, agrarökologische Entwicklungen praxisnah zu gestalten und Theorie und Umsetzung sinnvoll zu verbinden.
Grundlage meines Handelns sind die Prinzipien der Triple Bottom Line: ökologisch tragfähig, sozial gerecht und wirtschaftlich tragend – mit dem Ziel, individuelle Entwicklung und gesellschaftliche Resilienz gleichermassen zu fördern.